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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 04.09.2018 00:41Das zwischen Remus und Merle doch nichts gelaufen war löste ein ganz merkwürdiges, warmes Gefühl in mir aus. "Dann hab ich also umsonst zwei Wochen lang an einer Stinkbombe getüftelt, die ich Remus hinterherwerfen wollte?", grummelte ich, auch wenn es nicht ernst gemeint war. Ich hatte versucht ihm aus dem Weg zu gehen, aber ich würde ihm nie absichtlich irgendetwas Böses wollen. Dafür war er ein viel zu netter Kerl. Und ich ein viel zu großer Idiot, der Merle ohnehin nicht verdient hatte.
Ich presste die Lippen zusammen und kämpfte gegen die wiederkehrenden Bilder in meinem Kopf an. Ich hörte Merles Worte, ich fühlte ihre Hand an meiner Wange und ich konnte ihre Körperwärme spüren, weil sie so nah vor mir stand. Und trotzdem schnürte mir die Angst sie zu verlieren weiterhin die Kehle zu. Als hätte dieses Gefühl eine so tiefe Narbe in meinem Inneren hinterlassen, dass ich es jetzt nicht mehr los wurde.
Sachte schüttelte ich den Kopf. "Ich glaube nicht, dass du irgendetwas dagegen tun kannst", flüsterte ich und schloss die Augen. Ihr Gesicht war meinem so nahe, dass ich ihren Atem auf meinen Lippen spüren konnte. Ich hob meine Hände und legte sie vorsichtig um ihr Gesicht, strich ihr mit dem Daumen über die Wange. Das hier war real. Ihre leise Stimme verdrängte die bösen Worte der Todesserin langsam aus meinem Gedanken. Da war nur noch Merle, überall.
Vorsichtig zog ich meinen Kopf ein Stückchen zurück, um sie ansehen zu können und holte zitternd Luft. "Ich habe mich in dich verliebt.", flüsterte ich ganz leise, als könnten die Worte zwischen uns zerbrechen. Ich war nie der Typ gewesen, der über seine Gefühle sprach, aber es war an der Zeit endlich Klartext zu sprechen. Nachdem ich die Worte ausgesprochen hatte, spürte ich wie ein ganzer Haufen Steine von meinem Herzen fielen. Prüfend sah ich Merle an, redete aber schnell weiter, damit sie meinen Redefluss nicht unterbrach, bevor er vorbei war. "Ich weiß nicht genau wann der Moment war, an dem ich das gemerkt habe, aber ich weiß, dass ich mich wie ein riesiger Idiot verhalten habe. Ich hätte dir damals in dem Klassenzimmer schon die Wahrheit sagen sollen ... das hätte uns eine Menge Ärger erspart. Und eine Menge Schmerzen." Ich lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. Dann zog ich Merles Gesicht näher an meines und lehnte meine Stirn gegen ihre. Ich hatte so viel Angst gehabt, dass diese Gefühle unsere Freundschaft zerstören würde, aber in Wahrheit war es genau anders herum gewesen.
Ich strich noch einmal sanft über ihre Wange, bevor ich mich genau wie damals in dem Klassenraum vorbeugte und sie sanft küsste. Nur dass ich dieses Mal keinen Rückzieher machen oder es auf ihre Veela-Gene schieben würde.
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Re: Vergangenheitsplay » 20
von Castor am 25.08.2018 00:32Sie hatte mehr als Recht mit dem, was sie sagte. Aber einfach zu hoffen, dass es mit der Zeit irgendwann leichter werden würde war auch nicht der beste Ausweg. "Weißt du, wenn du wen zum reden brauchst ... irgendwann, wenn du dazu bereit bist ...", begann ich und lehnte meine Füße gegen die leere Sitzbank vor mir. "Dann bin ich gerne für dich da. Jeder Zeit." Hazels Verhalten machte mir Sorgen. Ich wusste zwar nicht genau, was die anderen Dinge waren, die ihr im letzten Jahr geschehen waren - dafür kannte ich sie dann doch nicht gut genug und hörte beim Klatsch und Tratsch über die anderen Häuser nicht oft genug hin -, aber sie wirkte wie ausgewechselt. Als hätten wir eine völlig andere Person wieder mitgebracht und die richtige Hazel in dem dunklen Raum zurück gelassen.
Über ihre Worte musste ich einen Moment lang nachdenken. "Ich weiß nicht ...", gab ich dann ehrlich zu. "Schon irgendwie, denke ich. Zumindest sehe ich manche Dinge jetzt anders als vorher." Hazels Erklärung hörte sich aber nach einer ganz anderen Umwandlung an. Als wäre ein Teil der Todesserin noch in ihr ... "Vielleicht eine Nebenwirkung von dem Fluch?", wisperte ich und kratzte mich nachdenklich an der Nase. "Ich meine, es ist ja nicht umsonst ein Unverzeihlicher Fluch. Dafür wird es schon seine Gründe geben ..." Vielleicht war der Grund ja die permanente Paranoia, die man entwickelte? Ich könnte vermutlich kein Auge zu tun wenn diese Person in meinem Kopf war und dort weiß Merlin was angerichtet hatte. "Vielleicht legt sich das ja auch mit der Zeit", versuchte ich sie zu besänftigen, was wahrscheinlich kaum Trost für sie war. Ich hatte ja schon Albträume von dieser Stimme, und bei mir hatte sie lediglich Legilimentik angewandt. Wie war es, wenn man unter dem Imperius-Fluch gestanden hatte? Vielleicht gab es in der Bibliothek ja ein paar Bücher zu dem Thema ...
Ob ihre nächsten Worte wirklich für mich bestimmt waren wusste ich nicht, da sie so leise waren, dass der Wind sie beinahe übertönte. Trotzdem stand ich schnell auf und schüttelte heftig mit dem Kopf. "Nein, Hazel, so darfst du darüber nicht denken", erwiderte ich und fügte dann sehr viel leiser hinzu: "Wir können mit einer Sache vielleicht nicht sofort diesen Krieg beenden, aber denk doch an all die anderen, die jetzt grade wieder sicher im Schloss sind. Wir haben vielleicht ... Verluste erlitten, aber wir haben genauso gut Schlimmeres verhindert." Meine Stimme war leise, aber eindringlich. Sie durfte ihren Kopf nicht so mit dunklen Gedanken vergiften. Das war genau das, was sie nicht zulassen durfte.
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 24.08.2018 22:33Ich warf Merle einen Blick zu, den sie wahrscheinlich schon oft genug von mir gesehen hatte und schüttelte dann nur den Kopf. Ach, ich wollte jetzt nicht darüber diskutieren wie es mir ging. Dann könnten wir auch gleich damit anfangen, dass sie trotz ihrer Verletzungen den ganzen Weg zum Krankenflügel gelaufen war und damit vermutlich den Heilungsprozess noch verlängert hatte. Und wenn wir da angekommen wären, würde dieses Gespräch niemals stattfinden.
Als sie meinen kleinen Monolog unterbrach warf ich ihr einen warnenden Blick zu, sagte aber nichts weiter dazu. Irgendwie hatte ich sowieso damit gerechnet, dass sie mich unterbrechen würde. Sie wäre nicht Merle, wenn sie es nicht getan hätte.
Als sie die Sache mit dem Raum der Wünsche ansprach zuckte ich nur lustlos mit den Schultern. "Du musst mir nichts erklären ...", nuschelte ich in meinen nicht-vorhandenen-Bart und starrte an die Decke, um ihr nicht in die Augen sehen zu müssen. Die Sache war für mich mehr als eindeutig gewesen, und mein Gehirn konnte sich den Rest auch sehr gut alleine ausmalen, ohne dass Merle irgendetwas erklärte.
Trotz Merles Lächeln verdrehte ich die Augen bei ihren Worten. Ich war immernoch ein Idiot, aber sie war mindestens genauso schlimm wie ich. Wenn wir uns beide nicht so ähnlich wären, hätte dieses ganze Dilemma zwischen uns vielleicht nie statt gefunden. Oder zumindest in einem kleineren Ausmaß.
Ihre Worte kitzelten an meinem Ohr und lösten eine Gänsehaut auf meinem Körper aus. Als sie sich wieder entfernte atmete ich sachte ein, damit sie nicht bemerkte wie ich die Luft angehalten hatte. Ihre Haut war immer noch sehr viel wärmer als meine, als sie meine Hand über ihr Herz legte. Das sanfte Pochen an meinen Fingerspitzen sorgte dafür, dass mein eigenes Herz einen kleinen Sprung machte. Die Worte der Todesserin kamen mir wieder in den Sinn, überdeckten die von Merle und schnürten mir die Kehle zu. Selbst das Klopfen ihres Herzens konnte mich nicht beruhigen.
"Sie hat dich gegen mich benutzt.", flüsterte ich ihr zu und musste plötzlich heftig gegen die aufkommenden Tränen blinzeln. Ich weinte sehr selten, aber das Bild von Merles kaputten Körper auf dem Rasen des Quidditchfeldes sorgte jedes Mal wieder dafür, dass meine Knie weich wurden. Ich nahm meine Handvon ihrem Herzen und wischte mir verstohlen durch die Augen. "Sie hat in meinen Kopf geguckt und gesehen, was mit dir passiert ist. Sie hat mir eingeredet, dass es für dich schon zu spät war. Deswegen bin ich mit gegangen." Ich musste kurz Luft holen und sah ihr dann wieder in die Augen. "Ich dachte ich hätte dich schon längst verloren." Die Rettungsaktion war für mich in erster Linie eine Ablenkung gewesen, aber nachdem dieser dunkle Schatten das erste Mal ihre Worte an mich gerichtet hatte war mir klar gewesen, dass ich nichts zu verlieren hatte. Wenn Merle wirklich gestorben wäre, während ich mit den anderen losgezogen war, hätte es niemanden mehr gegeben zu dem ich zurück kehren musste ... Ich legte meine Hand über ihre an meiner Wange und nahm sie in meine. "Es tut mir leid", flüsterte ich kaum hörbar und starrte auf unsere Hände. Beinahe wäre es dazu gekommen. Was wäre nur gewesen, wenn die Todesserin richtig zu mir durchgedrungen wäre? Dann wäre Merle vermutlich nach Hogwarts zurück gekehrt, ohne mich je wiedersehen zu können ...
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Re: Vergangenheitsplay » 20
von Castor am 23.08.2018 23:34Hazel sah nicht grade danach aus, als hätte sie das Erlebte weggesteckt. Aber wer von uns hatte das schon? Ein paar von uns waren einfach besser darin, den normalen Alltag weiter zu spielen. Hazel war immer so fröhlich gewesen. Jedes Mal, wenn ich sie auf dem Gang getroffen hatte war ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Das war jetzt nicht mehr so. Vielleicht fiel es mir deshalb so stark auf?
Ich spielte mit meinen Fingern und betrachtete ein paar Sekunden lang das leere Quidditchfeld vor uns, bevor ich sagte: "Ich will nicht das wiederholen, was mir in den letzten Tagen viel zu oft gesagt wurde, aber ..." Ich zögerte kurz. "Vielleicht ist es wirklich wichtig, darüber zu sprechen. Um das zu verarbeiten? Wenn du es nur in dich hineinfrisst wird es nie aufhören, dich zu belasten ..."
Meine Stimme wurde zum Ende hin immer leiser, dann lachte ich kurz auf. Es war kein freudiges Lachen. "Obwohl ich auch nicht grade das beste Vorbild dafür bin", fügte ich leise hinzu.
Auf ihre Frage hin schüttelte ich mit dem Kopf. Ich hatte Einzelheiten berichtet, wie genau ich mich verletzt hatte - hauptsächlich Merle gegenüber -, aber ich war nie weiter ins Detail gegangen. "Nein, hab ich nicht", antwortete ich leise. "Ich rede mir ein, dass ich den anderen diesen ... Horror ersparen will, aber ich glaube dass ich mich größtenteils damit nur selbst schützen will. Um es nicht noch einmal durchleben zu müssen." Es war schlimm genug, dass eine von uns mit ihrem Leben bezahlen musste. Da war ich nicht dabei gewesen, aber alleine Freyas am Boden liegender Körper plagte noch meine Albträume. Hazels ausdruckslose Augen, als sie unter dem Imperiusfluch gestanden hatte. Für einen Moment starrte ich sie an und suchte in ihrem Blick nach irgendetwas, das mir Erleichterung verschaffen konnte. Das mir versicherte, dass sie davon keine Schäden davon getragen hatte.
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 23.08.2018 23:19"Bevor du dazu gekommen wärst, hätten die Heiler dich rausgeschmissen", erinnerte ich sie mit einem selbstgefälligen Grinsen. Diese kleinen Neckereien hatten mir mehr gefehlt, als ich zugeben würde. Das war doch irgendwie das, was unsere Freundschaft ausmachte; wir stritten uns wie Geschwister, konnten einander aber nie lange böse sein. Naja, zumindest bis vor kurzem ...
Vielleicht war ein Spaziergang doch nicht die beste Idee gewesen. Mein Bein fühlte sich, als ob der Knochen an beiden Hälften nur halbherzig wieder an seine eigentliche Position geklebt wurde, und mein eher schlecht als rechtes Humpeln verbesserte das Gefühl nicht grade.
Keuchend starrte ich auf meine Füße, bis meine Atmung sich wieder einigermaßen normalisierte. Erst dann wagte ich es Merle anzusehen. "Mir geht's gut", beteuerte ich wieder. Den Teufel würde ich tun als zuzugeben, dass ich meine eigenen Kräfte überschätzt hatte. Lieber würde ich mich noch einmal der Todesserin stellen.
Bei ihren Worten biss ich mir so heftig auf die Lippen, dass ich mir einbildete kurz Blut schmecken zu können. Von hier gab es keinen Ausweg mehr. Ich sollte endlich über meinen Schatten springen und ihr von allem erzählen, was seit Tagen in meinem Kopf herum spukte. Die ganze Wut auf sie war in dem Moment verraucht, als ich ihren Sturz mit ansehen musste, aber ich hatte trotzdem nicht vergessen, wie genau sie sich über die ganze Sache mit mir hinweg getröstet hatte.
"Nein", erwiderte ich entschlossen und suchte ihren Blick, bevor ich die Lippen zusammen presste. "Hör mir ... hör mir einfach zu, okay?" Die Chance, die du mir beim letzten Mal nicht gegeben hast. Ich suchte nach Worten, die irgendwie das Chaos in meinem Kopf beschrieben, aber ich war noch nie ein großer Redner gewesen. Ich setzte lieber auf Klartext, auch wenn ich in jenem Klassenzimmer offensichtlich darauf verzichtet hatte.
"Ich hab dich angelogen.", begann ich langsam. "In dem Klassenzimmer, als ich dich geküsst und gesagt habe, dass deine Veela-Gene daran Schuld waren. Das war eine Lüge, weil ich ein Idiot bin, und das weiß ich selbst. Aber du kennst mich doch, Meer. Du weißt, dass ich nicht ... - das ich nicht gut in sowas bin." Ich war grottenschlecht darin, über meine Gefühle zu sprechen. Alleine diese Worte kosteten mich eine Menge Überwindung. "Ich hab vorher noch nie ... über uns nachgedacht, nicht so. Das war es eben, ich hab nicht nachgedacht. Und ich hatte Angst, dass das unsere Freundschaft kaputt macht, deswegen wollte ich es so gut es ging rückgängig machen. Obwohl das ja eher dafür gesorgt hat, dass sie kaputt gegangen ist ..." Ein kaltes, freudloses Lachen entfuhr mir. Ich würde bestimmt niemals vergessen, wie sie vor mir geflohen war und meinen Blick danach mit allen Mitteln gemieden hatte. Der bloße Gedanke verpasste mir immernoch einen Stich.
"Aber ich bin dir nachgegangen, Merle, und ich wollte es erklären. Ich hab es versucht. Aber du ... du hast mich nicht gelassen." Ich schüttelte den Kopf. "Ich weiß, dass ich dich damit verletzt habe. Sehr. Aber du - du hättest mir die Chance geben können, mich zu erklären. Wenn nicht an dem Abend, dann wenigstens in den Tagen danach, anstatt ..." anstatt die Typen in meinem Haus abzugrasen. Ich erinnerte mich nur zu gut an die brodelnde Wut, als Matt mir davon erzählt hatte. Sie kehrte auch jetzt wieder zurück, wurde aber von der Wärme in Schach gehalten, die die Erinnerung an den Spiegel Nerhegeb immer wieder in mir auslöste. Und Merles Lächeln, das ich darin sehen konnte.
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 23.08.2018 02:06"Wenn du das sagst", erwiderte ich mit hochgezogenen Augenbrauen und streckte ihr die Zunge heraus. Ich wusste genau, dass Merle das ärgern würde. Und darauf legte ich es ja an. "Ich habe nie behauptet, dass du blöd bist ... nur dass du in einem Duell verlieren würdest." Ich schaffte es für ein paar Sekunden lang den ernsten Gesichtsausdruck aufrecht zu erhalten, dann verzogen sich meine Mundwinkel ganz von alleine zu dem breiten Grinsen, das sonst so gut wie immer auf meinem Gesicht fest getackert war.
Ich starrte auf meine Hände, während Merle vermutlich versuchte Eins und Eins zusammen zu zählen. Ich sagte nicht weiter dazu - das hier war wirklich nicht der richtige Ort dafür -, sondern ließ zu, dass sie meine Wunden verband.
Irgendwie hoffte ich, dass Merle das Thema einfach vergessen würde, damit mir etwas Zeit blieb mich mental darauf vorzubereiten. Als sie jedoch wieder die Stimme erhob schloss ich für ein paar Sekunden die Augen. "Ja, ich weß was ich gesagt habe", flüsterte ich und brauchte viel Überwindung, um ihr jetzt in die Augen zu sehen. Wieso war es denn nur so schwer, das auszusprechen?
Ich konnte in Merles Kopf beinahe die Zahnräder klappern hören. Es würde wohl unweigerlich zu dem Gespräch kommen, auf das wir beide warteten, das war klar. Aber irgendwie hatte ich gehofft, dass ich noch etwas Zeit hätte meine Gedanken zu ordnen ...
Als hätte sie meine Gedanken gelesen, schlug Merle auf einmal einen Spaziergang vor. Ich nickte heftig mit dem Kopf. Wir mussten hier raus, an irgendeinen ruhigen Ort, an dem ich ihr alles in Ruhe erklären konnte. Und wo sie keine spitzen Gegenstände nach mir werfen konnte, weil ich so ein riesiger Idiot war.
Ich rutschte vorsichtig an die Bettkannte und tippte mit meinem gesunden Bein auf den Boden. Der Bruch würde erst in ein paar Stunden verheilt sein, aber ich war zu stolz um nach ein paar Krücken zu fragen. Mit Schwung stand ich auf und wäre beinahe nach vorne durch den Umhang gekippt, schaffte es aber grade noch mich am Bett festzuhalten.
"Na dann los", ächzte ich und humpelte an ihr vorbei, um den Vorhang beiseite zu ziehen. Den bösen Blick der Heilerin ignorierte ich gekonnt. Sie hinderte mich auch gar nicht daran, die große Tür zu öffnen und einfach so heraus zu spazieren; ich musste wirklich ein schlimmer Patient sein.
In einer flauschigen Schlafanzughose und dem weißen Krankenflügel-Hemd humpelte ich ohne Ziel durch das Schloss, während ich dem Klang von Merles Schritten hinter mir lauschte. Als wir in einem Seitenkorridor angekommen waren stoppte ich kurz und lehnte mich erschöpft gegen die Wand. Die Paste auf meinen Verbrennungen minderte zwar die Schmerzen, ließ sie aber nicht ganz verschwinden. "Warte kurz", hauchte ich und hob einen Zeigefinger um ihr zu zeigen, dass ich nur ein paar Sekunden bräuchte. Außer uns war niemand im Korridor, sodass ich fast meinen eigenen Herzschlag hören konnte.
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 22.08.2018 23:14"Nein, ich habe dich nicht gewinnen lassen", stellte ich klar. "Ich habe nur ein paar Zauber nicht benutzt, die ich unter anderen Umständen eventuell angewandt hätte. Mehr nicht." Ich grinste sie selbstgefällig an. Sie konnte sich ja selbst zusammen reimen, ob ich sie trotzdem hatte gewinnen lassen oder nicht. Wenn sie ein Duell mit allen Tricks haben wollte, würde ich definitiv auch dreckig kämpfen ... und dann hätte sie kaum eine Chance gegen mich.
Merle durchschaute mich. Das hätte mir vorher klar sein müssen. "Irgendwann vielleicht, aber nicht jetzt", antwortete ich seufzend und schüttelte mit dem Kopf. Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, es setzte sich nur noch mehr in meinem Hinterkopf fest.
Als sie sagte, dass sie da wäre wenn ich bereit war davon zu erzählen lächelte ich wieder. Diesmal war es echtes, aufrichtiges Lächeln, wenn auch nur für einen kurzen Moment. "Ich weiß." Ich nahm ihre Hand und drückte sie kurz, ließ sie dann aber wieder los.
Es erschrak mich ein bisschen, dass Merle plötzlich Tränen in den Augen hatte. Schuldbewusst starrte ich sie an. Ich hatte sie nicht so anfahren wollen, aber dieser komische Nebel hatte meine ganzen Gefühle komplett durcheinander gebracht und verstärkt.
Bei ihren Worten presste ich die Lippen zusammen. "Nein, hast du nicht", entgegnete ich leise und wusste, dass meine Worte unweigerlich zu dem Gespräch führen würde, dass ich jetzt noch nicht führen wollte. Nicht hier, wo jeden Moment die Heilerin herein platzen konnte. "Tut mir leid, ich wollte dich nicht so anschreien.", murmelte ich schuldbewusst.
Aber die Wahrheit war nun einmal, dass ihre Veela-Gene bei mir nie ihre Wirkung gezeigt hatten. Nie, bis auf diesen Moment, weil sie es bewusst angewendet hatte. Aber alles andere, was ich darauf geschoben hatte ... das war ich gewesen. Das war mir mehr als klar. Und Merle jetzt vermutlich auch ...
Ich richtete mich auf und beugte mich etwas vor, damit sie den Verband um meinen Oberkörper wickeln konnte. Vielleicht würde sie mir dann ja einen kleinen Spaziergang raus aus diesem verdammten Krankenzimmer erlauben. Vielleicht an irgendein ruhiges Örtchen, wo wir offen miteinander reden konnten, ohne unterbrochen zu werden ...
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 22.08.2018 18:49"Wann bist du denn besser als ich geworden?", erwiderte ich augenverdrehend. Bei unserem letzten Duell hatte sie mich ausgetrickst, und seitdem hatte sie beinahe die gesamte Zeit im Krankenhaus verbracht. Während ich meine Duellierfähigkeiten an Todessern ausprobiert hatte...
Dass sie meine Duelliertechnik als einspurig bezeichnete kratze deutlich an meinem Ego. "Ich war nur nett zu dir", beteuerte ich und schüttelte fassungslos mit dem Kopf. "Weil ich dich nicht verletzen wollte. Wenn ich mich nicht zurück halten würde, hätten all unsere Duelle nur halb so lange gedauert. Wenn überhaupt." Ich streckte ihr die Zunge heraus. Na gut, so viel kürzer wären sie wahrscheinlich nicht gewesen, aber es stimmte schon dass ich absichtlich auf ein paar Zauber verzichtet hatte, um sie nicht zu verletzen.
Einen langen Moment lang sah ich Merle einfach nur an. Hatte sie etwas gesagt? Ja, das hatte sie. Und die Worte brannten noch mehr als diese blöden Verbrennungen. Das hier war aber nicht der richtige Ort, um ihr davon zu berichten. "Nein, ich glaube nur ... ich glaube ich würde die Stimme wiedererkennen." Ich blinzelte kurz und zwang mich dann zu einem Lächeln, das meine Augen nicht erreichte. "Ich glaube nicht dass ich irgendetwas davon allzu schnell wieder vergesse." Ganz besonders nicht das, was sie gesagt hatte. Ich atmete tief durch. Alles war gut, Merle stand lebendig vor mir. Kein Grund, zu lange über die schmerzenden Worte der Todesserin zu grübeln ...
"Nein, nein, hör auf damit", rief ich wieder, diesmal etwas panisch. Ich rückte unruhig in dem Bett hin und her und lehnte mich in die Kissen zurück, weg von Merle, damit diese Wirkung verschwand. Ein paar Mal blinzelte ich heftig, dann starrte ich sie an. Mein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Ärger. "Mach das ... nie wieder", flehte ich leise und schloss die Augen, um mich zu sammeln. Meine Gedanken gehörten wieder mir und kreisten sich nicht mehr nur um Merle. Okay, wenn ich ehrlich war taten sie das doch, aber diesmal weil ich es wollte und nicht, weil ihre Gene dafür sorgten.
In den letzten Jahren hatte ich sie immer wieder dafür bewundert, wie sie dank dieser Fähigkeit das bekam, was sie wollte. Das war allerdings gewesen, bevor ich selbst eine Kostprobe davon bekommen hatte. Oder war der Effekt bei mir nur so heftig, weil ich Merle sowieso ...?
Heftig schüttelte ich den Kopf. "Ich weiß, dass du mir nur helfen wolltest, aber mach das nie wieder. Bitte, ja?", bat ich sie leise und versuchte, nicht vor Schmerz zusammen zu zucken, jetzt, wo ich mich nicht mehr in diesem Nebel befand. Ich litt lieber unter Schmerzen, als mich vielleicht zu etwas hinreißen zu lassen, das nochmal den ganzen Streit entfachen konnte.
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 22.08.2018 16:19Ich schnaubte frustriert. "Ich hab gesagt wenn ich mich aufsetzen kann", protestierte ich und verdrehte die Augen. Jetzt grade wäre ich nur zur Hälfte meiner bekannten Zauber fähig, alleine schon, weil ich die richtigen Bewegungen mit meinem geschundenen Arm nicht ausführen konnte. "Und letztes Mal hast du unfair gekämpft", erinnerte ich sie, ignorierte aber bewusst die Erinnerung an das, was nach unserem Duell geschehen war. Nein, daran wollte ich jetzt nicht denken. Und Merle wahrscheinlich grade auch nicht.
Würde ich die Todesseri wiedererkennen? Einen Moment lang starrte ich nachdenklich auf einen Punkt neben Merles Kopf, dann zuckte ich mit den Schultern. Was natürlich ein Fehler war. "Könnte sein" Fluchend presste mich meine Hand auf eine der nicht mehr ganz so schlimm aussehenden Wunden. "Nicht an ihrem Aussehen, die sehen ja alle gleich aus ... aber vielleicht an der Stimme.", überlegte ich laut. Die schneidende Stimme der Todesserin hallte immernoch in meinem Kopf wieder. Und ihre Worte hatten sich in mein Gedächtnis eingebrannt, egal wie oft ich Merle noch quicklebendig vor mir stehen sah.
Ich kniff die Augen zusammen, bis sich auf einmal ein merkwürdiges Gefühl in mir ausbreitete. Als würde auf einmal die Sonne in mein Gesicht scheinen, aber die Fenster im Krankenflügel ließen kein Sonnenlicht herein. Die Wärme breitete sich in mir aus, kroch von meinem Kopf langsam in meinen Brustkorb und vernebelte meinen Blick ein wenig. Als würde ich durch einen Schleier blicken, sah ich plötzlich nur noch Merle vor mir. Nur noch sie. Alles andere um uns herum war verschwunden. Als wäre sie auf einmal der Mittelpunkt der ganzen Welt ...
Und dann stellte ich geschockt fest, dass dieses Gefühl von Merle ausging. Nicht etwa, dass ich sie ansah und damit das Gefühl in mir auslöste ... sie flößte mir dieses Gefühl ein. Ich wusste, woher ich dieses Gefühl kannte. Das waren ihre Veela-Gene, die sie da grade an mir anwendete. Die Schmerzen wurden zwar weniger, aber die Schuldgefühle kamen damit zurück. Ich hatte die Gene als Entschuldigung für das verdammte Gefühlschaos in meinem Inneren genommen, und sie damit verletzt.
"Nein, hör auf damit", keuchte ich, fügte aber nicht hinzu was genau ich meinte. Ich presste meine Hand vor meine Augen und atmete heftig auf, während ich gegen diese Vernebelung ankämpfte. Normalerweise hatten Merles Veela-Gene kaum Wirkung auf mich, aber in diesem Moment trafen sie mich viel stärker als sonst. Ich hatte Angst, dass sie mich etwas tun lassen würden, was ich später bereute. Merles Gesicht war nicht allzu weit von mir entfernt; ich hatte Angst, dass dieser Effekt von ihr mich dazu bringen würde, sie einfach zu küssen. Nicht, dass das an sich ein Problem wäre, aber dann wäre es dieses Mal wirklich nur wegen ihrer Gene gewesen. Ich würde es nicht noch einmal wagen, mich so weit fallen zu lassen, bevor wir uns ausgesprochen hatten. Damit würde ich sie nur wieder verletzen ...
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Re: Vergangenheitsplay » 14
von Castor am 22.08.2018 14:24Müde wischte ich mir mit der Hand durchs Gesicht und schüttelte leicht den Kopf. "Frag mich in einer Woche oder so nochmal, wenn ich nicht mehr mit Schmerzmitteln vollgepumpt werde", antwortete ich bloß. Ich wollte nicht weiter darüber nachdenken. Verdrängung war nie der beste Weg, aber jetzt grade zumindest für mich der angenehmste. Ich wollte das nicht noch einmal durchleben, und ich wollte nicht dass Merle sich vorstellen musste, wie das gewesen war.
Ich biss auf auf die Lippe und sah wieder zu Merle, als ich ihre Entschuldigung hörte. "Schon gut", murmelte ich als Antwort und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Das lag hinter uns. Wir waren beide gesund, darauf kam es doch jetzt an. Ich wollte sie nicht dafür anfahren, dass sie versuchte die Situation ein bisschen aufzuheitern. Sie konnte ja nicht wissen, dass man sie als Ablenkung gegen mich benutzt hatte ...
"Wenn ich meinen Zauberstab hätte und aufrecht sitzen könnte ohne die Schmerzen in meinem Brustkorb, würde ich auch jetzt noch gewinnen", erwiderte ich und schnitt eine Grimasse. Diese Kabbelei würden wir nie aufgeben, da war ich mir sicher. Allerdings hätte Merle in diesem Moment tatsächlich die Chance mich zu schlagen, weshalb ich ganz froh war dass ich meinen Zauberstab grade nicht in Reichweite hatte.
Merles entsetzer Gesichtsausdruck überraschte mich ein bisschen, bis mir auffiel dass ich die entscheidenden Details ja ausgelassen hatte. "Beruhig dich, ich hab mir die doch nicht absichtlich selbst zugefügt", erwiderte ich und verdrehte die Augen, als könne ich nicht fassen dass sie mich wirklich für so dumm hielt. "Einen brennenden Todesserumhang hatte ich davon. Und genug Zeit, um Freya aus der Gefahrenzone zu ziehen" Meine Antwort war patziger als ich beabsichtigt hatte, weshalb ich für einen winzigen Moment die Lippen zusammen presste und mit sehr viel ruhigerer Stimme hinzufügte: "Ich hatte nicht viel Zeit, um mir irgendwelche kreativen Duellierzauber zu überlegen. Vorallem, weil die Todesserin irgendwie in meinen Kopf schauen konnte. Das war die einzige Möglichkeit, sie abzulenken. Dafür nehme ich gerne ein paar Verbrennungen in Kauf ..." Ich hatte zu dem Zeitpunkt, an denen ich sie mir selbst zugefügt hatte nicht einmal gespürt, dass ich mich verletzt hatte. Dafür war alles zu schnell gegangen und ich zu sehr mit Adrenalin vollgepumpt.
Die Salbe brannte dieses Mal sogar noch mehr als beim ersten Mal, vermutlich weil die Schmerzmittel jetzt nicht mehr so stark wirkten. Ich holte scharf Luft und kniff die Augen zusammen, weil es sich wieder so anfühlte, als stände meine Brust in Flammen, versuchte mich aber zusammen zu reißen. Unter der Bettdecke krallte ich mich mit meiner Hand im Bettlaken fest und versuchte, mir nicht allzu viel anmerken zu lassen. Ich wollte nicht, dass Merle das Gefühl hatte mir weh zu tun. Auch wenn ich es sehr wohl verdient hatte, wie sie es selbst eben noch gesagt hatte ...
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