Besenschrank

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May
Gelöschter Benutzer

Re: Besenschrank

von May am 07.02.2018 02:13

Es war schon viel zu spät, um jetzt noch auf den Gängen unterwegs zu sein. Die Zeit hatte ich einfach vergessen, und ein Blick auf die Uhr hatte mich schließlich aufschrecken lassen. Ich würde gewaltigen Ärger bekommen, wenn mich jemand nach der Sperrstunde auf den Korridoren erwischte. Nachsitzen konnte ich mir absolut nicht leisten, ich hing ja jetzt schon zu sehr mit dem ganzen Lernstoff hinterher, und die Chorproben beanspruchten den Großteil meiner Zeit, die noch übrig war.
Eigentlich wollte ich auf dem schnellsten Weg zum Gemeinschaftsraum gehen, aber ein Geräusch ließ mich fürchterlich zusammen zucken. Erst dachte ich, dass mich vielleicht der Hausmeister erwischt hatte, aber das dumpfe Geräusch hörte nicht auf. Es wurde nur immer lauter, je näher ich mich einer Tür am Ende des Korridors näherte. War das nicht nur eine einfache Besenkammer? Besorgt blieb ich ein paar Schritte davor stehen, nicht ganz sicher, was ich tun sollte. Befand sich etwa jemand dadrin? Oder war es vielleicht nur einer der Geister, der wieder Unfug trieb? Vielleicht sollte ich lieber jemanden holen, oder einfach meinen Weg zum Gemeinschaftsraum fortsetzen ...
Diese Entscheidung wurde mir abgenommen, als die Tür sich ächzend öffnete. Das Quietschen ließ mich erschaudern und hallte so laut auf dem Gang, dass es vermutlich alle Schüler im Umkreis von zwei Stockwerken weckte. Meine Neugierde siegte schließlich doch, sodass ich vorsichtig in den Raum lugte. Darin befand sich nicht, wie ich vermutet hatte, ein Geist, sondern ein Schüler. Er musste in meinem Jahrgang sein, ich hatte ihn schon ab und an mal im Unterricht gesehen. Seinen Namen müsste ich eigentlich auch kennen, aber ich kam in diesem Moment einfach nicht darauf. Aber ich war auch viel zu schockiert von dem Anblick, der sich mir bot.
"Hallo?", fragte ich leise und wartete auf irgendeine Reaktion seinerseits. Vielleicht sollte ich doch lieber einen Lehrer holen, er sah nicht gut aus ... Was hatte er da in den Händen? War das ein Besen, mit einem ... Putzlappen um den Stiel?

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Merlin
Gelöschter Benutzer

Re: Besenschrank

von Merlin am 07.02.2018 12:38

Es überraschte mich nicht, dass genau jetzt jemand in der Nähe der Besenkammer gewesen war. Es überraschte mich aber wer es war. Ich hatte eher mit einem Lehrer, dem Hausmeister oder einer Schülergruppe gerechnet. Doch nicht mit einer einzelnen Schülerin, die ich in nüchternem Zustand vielleicht sogar gekannt hätte. Aber jetzt im Halbdunkel fiel mir nicht einmal ein Haus ein in welches ich sie einordnen konnte.
"Hallo." antwortete ich knapp und stand einfach nur da, immer noch mit meinem Besenstiel in der Hand und sah das Mädchen unergründlich an. Sie hatte ein sehr liebliches Gesicht. Bestimmt war sie eine freundliche Persönlichkeit, ganz anders als ich der Kotzbrocken.
Ich wankte auf einmal und lehnte mich schnell gegen den stützenden Türrahmen. Mein Kopf schien sich zu drehen wie ein Karussell auf einem Muggeljahrmarkt, auf denen ich früher mal gewesen war. Kurz blitzte in meinem Geist eine Erinnerung an meinen Bruder auf, die ich schon beinahe wieder vergessen hatte. Ich schluckte schwer und tat dann das einzige, was in solchen Momenten immer half. Physische Schmerzen linderten die Psychischen oft, wenn auch nur ein bisschen. Ich vergaß dabei schon wieder die Anwesenheit der Schülerin, als ich mein Handgelenk mit Wucht gegen den Türrahmen schmetterte. Es schmerzte, das war gut. Ich hoffte dass es mindestens verstaucht, wenn nicht sogar gebrochen war. Anhaltende Schmerzen waren sehr praktisch. Dann musste ich so etwas nicht so oft tun.

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May
Gelöschter Benutzer

Re: Besenschrank

von May am 07.02.2018 13:33

Ich wusste nicht recht, womit ich eigentlich gerechnet hatte. Dass er einfach so aufstand und von alleine wieder in seinen Gemeinschaftsraum ging? Bestimmt nicht, aber irgendwie hatte ein Teil von mir doch darauf gehofft. Mir lagen schon Worte auf der Zunge, um ihn nach seinem Befinden zu fragen - immerhin stand er mitten in der Nacht in einem Besenschrank, gut gehen konnte es ihm dann nicht, oder? -, aber ich schloss den Mund schnell wieder, als er zu wanken begann. 
Vielleicht hatte er getrunken, zumindest war das für mich die einzige Lösung, die einigermaßen logisch erschien. Er hielt sich zwar am Türrahmen fest, aber ich schreckte trotzdem instinktiv die Arme aus, um ihn im Notfall aufzufangen oder ihm wenigstens aus dem Schrank zu helfen. 
Allerdings zuckte ich zurück, als er plötzlich mit voller Wucht sein Handgelenk gegen den Türrahmen schmetterte. Das dumpfe Geräusch ließ mich erschaudern und ich sog vor Schreck scharf die Luft ein. Spätestens jetzt bereute ich es, dass ich nicht vorher einen Lehrer geholt hatte. Ich wusste nicht, was man in so einer Situation tat und ich wollte nicht die Verantwortung übernehmen. Nicht, dass ich ihm nicht helfen wollte ... ich hatte nur einfach Angst, verantwortlich zu sein, wenn ihm jetzt etwas passierte. 
Ich schluckte den ersten Schrecken herunter und nahm ihm dann schnell den Besenstiel aus der Hand, bevor er auf die Idee kam sich den auch noch gegen irgendeinen Knochen zu schlagen. Dann nahm ich vorsichtig seine Hand - die, die er nicht gegen den Türrahmen gehauen hatte -, um ihn aus dem Schrank zu ziehen. 
"Komm", flüsterte ich, weil ich nicht wusste was ich sonst sagen sollte. "Ich - ... Ich helfe dir. Musst du in den Krankenflügel?" Ich nickte mit dem Kopf in Richtung seines Handgelenks. Das musste doch höllisch schmerzen! "Oder ... oder soll ich dich in deinen Gemeinschaftsraum bringen? Wo musst du hin?" Ich biss mir auf die Lippe. 

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Merlin
Gelöschter Benutzer

Re: Besenschrank

von Merlin am 13.02.2018 23:51

Ich rechnete fest damit, dass sie schnell das weite suchte, aber das war nicht der Fall. Ich überlegte für einen Moment lang ihre Hilfe anzunehmen. Ich sackte förmlich in mich zusammen und ließ mich bereitwillig von ihr aus dem Schrank ziehen. Es war schön sich an jemandem festhalten zu können...
Doch von einem Moment auf den anderen entschied ich mich um. Zum Glück. Ich riss mich von ihr los und warf ihr einen trotzigen Blick zu. "Ich brauche keine Hilfe... Ich kenne dich nicht einmal. Und selbst wenn, ich brauche von niemandem Hilfe!" faselte ich und wandte ihr den Rücken zu. Ich wusste, dass ich die Hilfe annehmen sollte, wenn sie mir schon angeboten wurde. Aber ich wusste genau so gut, dass ich lieber alles zerstörte, was ich an mich ran ließ. Besser so, als wenn es von anderen zerstört wurde.
"Kümmer dich um deinen eigenen Kram." rief ich ihr noch zu, bevor ich mich mit schleppenden Schritten entfernte. Mein Gemeinschaftsraum war unten. Ich musste einfach nur immer weiter die Treppen herunter, dann war ich fast da. Ich drehte mich nicht noch einmal um. Sicher war sie eh schon weitergegangen. Aber das Bedürfnis blieb trotzdem.

threaaad freiiiiii

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